Warum der Schutz der Meere uns alle angeht - Christian Redl, Gründer von "Save the 7 Oceans", im Interview 20.11.2024
Tauchen ohne Atemgerät, dafür mit einem tiefen Atemzug und noch tieferem Bewusstsein – das ist die Welt von Christian Redl, mehrfacher Weltrekordhalter im Apnoetauchen und Gründer von Save the 7 Oceans. Seine Faszination für die Unterwasserwelt und sein Engagement für den Meeresschutz machen ihn zu einem besonderen Partner für unser "Montequarium". Im Interview gibt er spannende Einblicke und erzählt über seine persönliche Verbindung zum Ozean und warum es wichtig ist, den Schutz unserer Meere auch hier in den Alpen voranzutreiben.
Christian – du bist Extremsportler und tauchst ganz ohne Sauerstoff – mit nur einem Atemzug. Was war dein bislang spektakulärster Tauchgang?
Definitiv der am Nordpol! Schon die Reise war eine echte Herausforderung. Bei minus 40 Grad Außentemperatur und minus 2 Grad im Wasser musste ich durch eine zwei Meter dicke Eisschicht, um überhaupt tauchen zu können. Und dann – unter dieser riesigen Eisdecke – diese Sicht: glasklar und scheinbar endlos! Das war definitiv eines der beeindruckendsten Erlebnisse.
Du hältst insgesamt 12 Weltrekorde im Apnoe-Tauchen. Was war das absolute Highlight unter deinen Weltrekord-Tauchgängen?
Mein Tauchgang im Gokyo-See in Nepal auf 5.160 Metern Höhe war mit Abstand der sportlich anspruchsvollste. In dieser Höhe ist ja schon das Gehen eine Herausforderung, aber unter diesen Bedingungen auch noch die Luft anzuhalten und zu tauchen, war eine besondere Erfahrung. Naturerlebnistechnisch stechen die Bahamas heraus – dort kann ich mit Haien tauchen, was unglaublich faszinierend ist.
Ist das nicht gefährlich, zu Haien ins Wasser zu gehen, um mit ihnen zu tauchen?
Wenn man weiß, was man tut, ist es nicht gefährlich. Natürlich würde ich niemandem raten, unvorbereitet ins Wasser zu gehen. Aber die Interaktion mit Haien kann man lernen. Ich zeige in meinen Kursen, wie man sicher mit ihnen umgeht. Wenn man einmal mit Haien getaucht ist, lässt einen diese Faszination nicht mehr los – und genau das ist wichtig, denn man schützt nur das, was man liebt.
Und was tue ich, wenn ich beim Schwimmen auf einen Hai treffe?
Ganz wichtig: Ruhe bewahren. Dann solltest du in eine aufrechte Position wechseln, denn wenn du quasi im Wasser stehst, wirkst du größer. Wichtig zu wissen: Der Mensch steht nicht auf dem Speiseplan von Haien. Wenn ein Hai näherkommt, will er dich erst mal nur „abchecken“. Wegzuschwimmen wäre das Schlimmste – das macht nur Beute. Beweg dich stattdessen auf den Hai zu. So zeigst du, dass du keine Beute bist.
Dein „Office“ wie du die Weltmeere liebevoll nennst, hat sich über die Jahrzehnte drastisch verändert. Darum bist du mittlerweile auch als Umweltschützer aktiv und hast mit „Save the 7 Oceans“ einen Verein gegründet. Worum geht’s dir dabei?
Es geht darum, die vielen Probleme der Ozeane ins Bewusstsein der Menschen zu rücken: Verschmutzung durch Plastik, Klimawandel, Korallenbleiche, Überfischung, Geisternetze und das grausame „Shark finning“. Jeder zweite Atemzug, den wir machen, kommt aus dem Meer – das sollte uns allen klar machen: Stirbt das Meer, stirbt der Mensch. Die Meere beeinflussen ja auch das Klima in den Alpen – also betrifft uns das Thema sehr wohl, auch wenn wir weit weg vom Ozean leben.
Wie willst du gegen all diese großen Probleme ankämpfen?
Für jedes Problem gibt es eine Lösung. Zum Beispiel das Shark finning – bei dieser Praxis werden Haien die Flossen abgeschnitten und die Tiere, noch lebendig, ins Meer zurückgeworfen, wo sie dann elendig sterben. Haie sind jedoch extrem wichtig für das Ökosystem der Meere. Man könnte Fischern zeigen, dass ein lebender Hai für den profitabler ist als ein toter. Wenn sie Taucher zu den Haien bringen, statt diese zu töten, könnten sie viel mehr Geld verdienen.
Was steht denn bei „Save the 7 Oceans“ als nächstes am Plan?
Wir werden heuer noch in Ägypten im Roten Meer ein künstliches Riff bauen. So eines haben wir vor der Pandemie schon erfolgreich auf den Philippinen installiert. Dafür wird ein Metallgestell im Meer versenkt und dort kommen abgebrochene Korallen drauf, die wiederum wachsen und Riffe bilden. Diese Riffe locken Fische an, die dort ihren Lebensraum finden. Gleichzeitig schaffst du ein Unterwasserparadies, das für Taucher interessant ist. Und die Taucher werden wieder Botschaftern für den Umweltschutz – weil die Erfahrung zeigt: Der Mensch bewahrt, was ihn begeistert.
Apropos Unterwasserparadies: Mit unserem „Montequarium“ eröffnen wir das erste „swim-in“-Aquarium in den Alpen. Wie siehst du solche Projekte?
Sehr positiv. Viele Umweltschützer kritisieren mich auch dafür, aber sie sehen nur die „eingesperrten“ Fische. Was viele nicht wissen: die Fische in Aquarien stammen aus Nachzuchten, die werden nicht aus dem Meer gefischt. Außerdem weckt ein Aquarium bei Besuchern ganz andere Emotionen als jede TV-Doku. Institutionen wie das Haus des Meeres in Wien, das ich auch unterstütze, schaffen es mit ihren 7 Haien jährlich 750.000 Menschen allein in Österreich zu begeistern. Diese Haie werden älter als in freier Wildbahn und sie haben sich in Gefangenschaft erfolgreich fortgepflanzt, was extrem selten ist. Wenn die 7 Haie dafür sorgen, dass tausende von Haien im Gegenzug geschützt werden, dann erledigen die einen wichtigen Job.
Abschließend: Sind die Meere aus deiner Sicht noch zu retten?
Es ist fünf vor zwölf, aber ich glaube fest daran, dass wir die Meere noch retten können. Wichtig ist, dass viele Menschen kleine Schritte machen, statt nur wenige, die radikal ihren Lebensstil ändern. Es geht nicht darum, dass wir das Plastik verbieten, dass wir nirgends mehr hinfliegen, das Auto nicht mehr benützen. Das ist unrealistisch und wird nicht funktionieren. Plastik richtig entsorgen, weniger Müll produzieren – all das sind weltweit machbare Maßnahmen. Jeder kann im Kleinen anfangen. Nur: Wir müssen endlich anfangen.

Extremsportler, Weltrekordhalter, Speaker & Ozeanschützer: Christian Redl ist seit seiner Kindheit mit dem Element Wasser verbunden. Seit 20 Jahren zählt er zu den erfolgreichsten Profi- und Extremsportlern der Welt, ist mittlerweile auch 11-facher Weltrekordhalter im Apnoetauchen. Der charismatische Trainer ist auch Autor und Ozeanschützer und Gründer des Vereins "Save the 7 Oceans".