Tauchen mit der Fisch-Gang: Meeresbiologe Murathan Özdemir gibt Einblicke ins Montequarium 16.01.2025

Mag. Kerstin Schnitzhofer Marketing

... wenn sie nicht schreibt, trifft man sie auf der Suche nach Foto-Motiven oder bei Interviews mit Kolleginnen und Kollegen in der Alpentherme oder im Gesundheitszentrum.

Einen Blick hinter die Kulissen eines Meerwasser-Aquariums werfen, das ermöglicht uns Murathan Özdemir im Interview. Wir treffen den Meeresbiologen in unserem 200 m2 großen Technikraum mit unseren beiden großen Quarantänebecken und den kleineren Becken, die wir als Krankenstation oder für Nachzuchten nutzen und lassen uns aus erster Hand erklären, welche täglichen Arbeitsabläufe hinter den Kulissen unseres "Montequariums" warten.

 

Was hat dich dazu inspiriert, Meeresbiologe zu werden?

Murathan: Meine Faszination für die Meeresbiologie begann in meiner Kindheit. Jede Woche machten meine Familie und ich Picknicks am Meer, und egal zu welcher Jahreszeit, ich sprang direkt ins Wasser. Meine Mutter hatte oft zu kämpfen, weil ich es kaum erwarten konnte und manchmal komplett angezogen ins Meer gesprungen bin. Die Vorstellung, die Unterwasserwelt zu erkunden und zu ihrem Schutz beizutragen, hat mich von Anfang an fasziniert. Später haben meine Erfahrungen mit Apnoe- und Gerätetauchen meine Leidenschaft vertieft – es fühlte sich an, als würde ich in ein anderes Universum eintreten.


Für deine Arbeit reist du rund um die Welt – wo durftest du bis jetzt schon tätig werden und was war dein spektakulärstes Projekt bis jetzt?

Murathan: Ich durfte für viele Aquarien in der Türkei arbeiten sowie für einige Projekte im Ausland, darunter das National Aquarium in Abu Dhabi, das Sea Shell Aquarium auf Phu Quoc Island in Vietnam, das Aquarium des Doha Port Grand Cruise Terminals in Katar, das PAIRI DAIZA Sanctuary in Brugelette, Belgien. Von diesen war das größte und mein absolutes Lieblingsprojekt das Sea Shell Aquarium auf Phu Quoc Island. Zwei Jahre auf einer Insel in Vietnam zu leben und ein Projekt dieser Größenordnung zu managen, war sowohl eine Herausforderung als auch unglaublich erfüllend.
Projektdetails:
•    Design, Herstellung und Installation des Lebensunterstützungssystems (LSS)
•    Gesamtfläche: 27.197 m²
•    Anzahl der Ausstellungen: 66
•    Gesamtwasservolumen: 20.486 m³
•    Aquarium-Tunnellänge: 80 m
•    Größtes Panel: 26 x 9 m
•    Volumen des Ozeanbeckens: 15.467 m³
•    Höhe des Ozeanbeckens: 12 m

Und jetzt natürlich das Meerwasseraquarium in der Alpentherme Gastein.

Gibt es eine bestimmte Tierart, die dich besonders fasziniert?

Murathan: Ich würde sagen, das Seepferdchen. Ihre zarte Natur und die Tatsache, dass die Männchen die Rolle der Mutterschaft übernehmen, haben mich schon immer tief bewegt.


Was ist die größte Herausforderung bei der Pflege eines Salzwasseraquariums in einer Therme?

Murathan: Da wir hier kein natürliches Meer in der Nähe haben, würde ich sagen, dass die Herstellung und der ordnungsgemäße Einsatz von Salzwasser die größte Herausforderung ist.


Kannst du uns einen Einblick in die tägliche Routine hinter den Kulissen des Montequariums geben? Welche Arbeiten fallen regelmäßig an?

Murathan: Jeden Morgen besteht die erste Aufgabe darin, die Systeme auf ihre Funktionalität zu überprüfen und die Ergebnisse zu dokumentieren. Wasserproben werden entnommen, und Parameter wie Temperatur, pH-Wert, Salzgehalt, Nitrit, Nitrat und Ammoniak werden gemessen. Taucher gehen ins Hauptbecken, um tägliche Reinigungsaufgaben wie die Pflege der Acryl-Elemente oder das Absaugen des Bodens zu erledigen. Danach wird das Futter für die Fische vorbereitet, und am Nachmittag erfolgt die Fütterung. Natürlich werden auch regelmäßig Wartungen an den Filtrationssystemen und anderen Geräten durchgeführt.


Wie schulst du unser Team im Umgang mit und in der Pflege von Meerestieren? Was ist in diesem Prozess besonders wichtig?

Murathan: Ich erkläre dem Team zunächst, dass Fische ihre Probleme nicht direkt kommunizieren können und daher ständig beobachtet werden müssen, ähnlich wie Babys. Ich betone, wie wichtig es ist, zu überprüfen, ob sie fressen und Verhaltensänderungen zu bemerken. Manchmal muss man die Fische stundenlang konzentriert beobachten, bevor man eine Diagnose stellen kann. Geduld, Liebe zur Arbeit und sorgfältiges Arbeiten sind entscheidend.


Kannst du uns einen kurzen, vereinfachten Einblick in die Technik hinter dem Aquarium geben?

Murathan: Das Besondere an dem System ist, dass das geamte Wasser im Aquarium innerhalb von nur einer Stunde ganze dreimal durch das Filtersystem geleitet wird:

„Neuzugänge“ im Aquarium ziehen nicht sofort in unser Haupt-Aquarium ein – kannst du uns erklären, welche Schritte notwendig sind, bis die „Neuen“ mit den anderen Fischen schwimmen können?

Murathan: Ja, unsere neuen Fische, wie die kürzlich angekommenen Kuhnasenrochen, kommen zuerst in unsere Quarantänesysteme. Dort bleiben sie mindestens 21 Tage. Sobald sichergestellt ist, dass sie gesund und frei von Krankheiten sind, werden sie ins Hauptbecken überführt. Der Zweck der Quarantäne besteht darin, mögliche Krankheiten von den bereits im Hauptbecken lebenden Fischen fernzuhalten. Während dieser Zeit werden auch unter tierärztlicher Aufsicht verschiedene Medikamente verabreicht.

Welche Fischverhaltensweisen können unsere Gäste im Montequarium besonders gut beobachten?

Murathan: In der Natur ist die Wassersäule in drei Schichten unterteilt: pelagisch (an der Oberfläche schwimmend), semipelagisch (in mittleren Tiefen schwimmend) und benthisch (am Boden schwimmend). Unser Aquarium ist zwar nur 4 Meter hoch, aber dennoch wählen die Fische instinktiv verschiedene Tiefen, dunklere Bereiche oder sandige Böden.
Schwarmfische wie der "Great Pompano" (Trachinotus goodei), der "Fledermausfisch" (Platax orbicularis) und der "Silver Moony" (Monodactylus argenteus) sind meist nahe der Oberfläche zu sehen. In mittleren Tiefen findet man Arten wie der "französische Grunzer" (Haemulon flavolineatum), die "Goldmakrele" (Gnathanodon speciosus), der "Fuchsgesicht-Kaninchenfisch" (Siganus vulpinus) und die "Kuhnasen-Rochen" (Rhinoptera). Auf dem sandigen Boden halten sich Arten wie der "Grunzer" (Haemulon melanurum), der "Blaustreifen-Schnapper" (Lutjanus kasmira) und der "Rundstechrochen" (Urolophus halleri) auf.

Du schwimmst täglich mit den Fischen im Aquarium und nennst es „Treffen mit der Fisch-Gang“. Warum tust du das?

Murathan: Natürlich sind sie keine „Gang“, aber da ich eine tiefe Verbindung zu ihnen spüre, sehe ich sie als meine Familie. Die Momente, in denen ich mich am meisten im Einklang mit der Welt fühle, sind jene, in denen ich unter Wasser bin und den Atem anhalte.


Wie sind unsere Fische? Kann man an Fischen auch verschiedene Charaktere festmachen? 

Murathan: Natürlich! Fische können Persönlichkeiten haben, genau wie Menschen – sie können schüchtern, mutig, stark, schwach, neugierig, listig oder intelligent sein. Wir sollten sie nicht einfach als „nur Fische“ betrachten. Unsere Meere sind die Heimat von Tausenden verschiedenen Arten und Formen von Wirbeltieren, wirbellosen Tieren und Pflanzen mit hochentwickelten Nervensystemen. Zu wissen, dass all diese Lebewesen voneinander abhängen und in Harmonie zusammenleben, ist vielleicht auch etwas, das wir Menschen uns “abschauen” können.


Welche Botschaft möchtest du den Gästen der Alpentherme über die Welt der Ozeane mitgeben?

Murathan: Die Ozeane sind der Herzschlag der Erde; jede Welle ein Atemzug, jedes Lebewesen ein Teil dieses Lebenszyklus. Die Ozeane zu schützen bedeutet letztendlich, die Zukunft unseres Planeten zu sichern.

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